Es fängt ja alles relativ gut an: am Bahnhof Greifenstein-Altenberg, zu dem uns die Franz-Josefs-Bahn gebracht hat – und wo auch eine schöne alte Orientierungstafel des ÖTK auf uns wartet, die auch die Beschmierung durch einen Halbidioten von Graffiti-„Künstler“ überlebt hat.
Der Wanderschuh ist gehbereit, die Pfarrkirche Maria Sorg erscheint im Rückspiegel, alle Schilder weisen zur Burg Greifenstein …
… bis man tatsächlich durch die Kostersitzgasse den Anstieg zu ihr beginnen will. Da ist die Tafel dann plötzlich verhüllt …
… und der Weg aber sowas von abgesperrt und VERBOTEN. Der neue Burgherr, ein Unternehmer, wie die Medien ehrfürchtig berichten, hat die Burg samt 16 Hektar nämlich um zweieinhalb Millionen Euro nachgeschmissen gekriegt und renoviert sie jetzt. Da kann er keine Wanderer brauchen – und überhaupt, bei seinem gar nicht unarroganten Projekt, ein bisserl Kultur in die Gegend zu bringen, würde er bitte gern auf den „Massentourismus“ verzichten. Man kann ihm nur zu seiner Haltung gratulieren; der alte Adel war ja auch nicht besser. Und obwohl man keinen Klassenhass schüren soll: Derf der des? Ich meine, klar, die dürfen alles … aber immerhin geht der Wanderweg doch schon die längste Zeit diese hohle Gasse hinauf, den Burghügel entlang, durch den Burghof und dann weiter über den Eichenleitenberg Richtung Hadersfeld (wie in Wanderung 5 in unserem Buch beschrieben). Gab es da nicht einmal sowas wie ein Wegerecht, an das sich auch Raubritterbarone halten mussten?
Nun denn, so müssen wir uns die Burg halt von unten anschauen und auf der Hadersfelder Straße bergauf hatschen.
Auf selbiger kommen wir in der ersten Serpentinenkehre zu einem anderen Wegeinstieg Richtung Hadersfeld – ebenfalls gesperrt. Das berühmte Eschentriebsterben (siehe dazu unseren Beitrag zum aktuellen Holzfällerirrsinn) will den Wanderer anscheinend zum Straßentramper machen. Da sich die Warnschilder an dieser Stelle aber nicht einig sind (eines behauptet, die Arbeiten wären mit Ende Dezember 2017 abgeschlossen gewesen; das andere reflektiert auf Anfang Februar 2018; und das dritte liegt halb unlesbar am Boden und wird daher von uns geflissentlich ignoriert), nehmen wir den rot markierten Weg, der uns – teilweise recht steil – zwischen vielen gestürzten, nicht weggeräumten Bäumen bergauf führt und gelangen so nach Hadersfeld.
Dort ist der einst so schöne, romantische Einstieg in die Alois-Aigner-Gasse des Ortes auch lang nicht mehr so schön und romantisch wie früher, aber er lässt sich finden – so wie auf dem Photo unten schaut er aus.
(Pikanterweise führt der Wanderweg von hier unversperrt und gemütlich zur Burg Greifenstein hinunter – keine Rede von Baustelle und Eschentrieben. Vielleicht lauert der Burgherr irgendwo in seinem neuen Wald mit einer Flinte auf Nicht-Zutrittsberechtigte. Wir wissen es nicht.
Kurios dann auch dieses EU-konforme Wanderschild, das uns den Weg von Hadersfeld ins nächste Tal anzeigt: Da hat irgendeiner nicht gewusst, dass man zusammengeschriebene Worte auch wirklich zusammenschreiben kann. Und was ein Bindestrich ist, lernt heute sowieso keiner mehr. Daher: „Lourdes Grotte über Binder Jockl“ … so von einem funktionellen Analphabeten zum anderen.
Wir kommen trotzdem zur Lourdesgrotte und verlassen uns auf die Muttergottes, die irgendwann auch sprachlicher Degeneration und burgherrischer Willkür sicher voll der Güte ein Ende bereiten wird. Ein Gebet kann trotzdem nichts schaden.
Und dann gehen wir hoffnungsvoll weiter unserer Wege. Wie, das erfahren Sie in unserem Buch „Wandern im Wienerwald“. Wanderung 5, wie gesagt … (ph)
11 Gedanken zu “Der Burgherr kennt do goa nix …”