Auf Rilkes Spuren

Eine Woche Regenwetter haben sie vorhergesagt, die Wetter-Apps – und nix war. (Ist Ihnen das auch schon aufgefallen, dass die Wetterberichte in allen Medien und auch online nur mehr auf Panik machen, mit permanenten Unwetter-, Kälte- und Hitzewarnungen, die einen blöd und ängstlich machen sollen? Wer hätte gedacht, dass man auch das Wetter einmal so schamlos für politische Zwecke einspannen wird …?)

Jedenfalls: In Wirklichkeit hat es nur einmal geschüttet, vielleicht 20 Minuten lang, und einen halben Tag leicht genieselt; ansonsten konnten wir unseren Aufenthalt in Triest bei angenehmer Witterung und viel Sonnenschein genießen. Und das haben wir auch getan, indem wir gleich am Tag nach der (mehr als neunstündigen) Anreise mit dem Zug den Rilkeweg aufgesucht und auf diesem die Wanderung Richtung Schloss Duino (man sieht’s im untenstehenden Bild hinten links schon auftauchen) angetreten haben. Ein schöner Pfad über dem Meer, wenn auch streckenweise recht steinig – aber man weiß ja, dass Dichter es sowieso nicht leicht haben (wollen).

Im Schloss, das der Adelsdynastie Thurn und Taxis gehört (was die vielen ausgestellten Stammbäume auch auf Schritt und Tritt betonen), stiegen wir gleich auf den höchsten Turm, um von dort aus die Aussicht auf den Schlosshof und das Meer zu genießen.

Dann spazierten wir durch die sehenswerten Räumlichkeiten der früheren Schlossbewohner und -besucher (zu denen neben Rainer Maria u. a. auch Franz Liszt und unsere allegegenwärtige Sisi gehörten), die ganz offensichtlich wussten, wie man es sich gemütlich macht … wenn auch manche der ausgestellten Skulpturen (siehe das irre grinsende Haupt weiter unten) schon ein wenig unheimlich wirkten.

Nach der Besichtigung machten wir uns auf den Weg zur pittoresken Ruine der alten Burg aus dem 11. Jahrhundert, die nur wenige Gehminuten entfernt ist und vor der man einen herrlichen Blick die Küste entlang hat. Oberhalb derselben hatschten wir anschließend auf einem Waldpfad parallel zum Rilkeweg zurück zum Ausgangspunkt dieser ersten Tour – aber nicht ohne vorher in einer kleinen Bar einen wunderbaren Cappuccino getrunken und dazu einen Cornetto (so heißen hier die Kipferln alias Croissants) gespeist zu haben.

Nun ging es ein paar Stationen mit einem der hervorragenden Busse weiter, die nicht nur in Triest verkehren (und wesentlich weniger kosten als die „Öffis“ in Wien), sondern auch ebenso schnell wie pünktlich über die Bergstraßen rund um die Stadt brettern. In der kleinen Ortschaft Prosecco – nach der, wie man hört, das weltweit beliebte Getränk benannt ist, die sich aber leider nicht rechtzeitig um das Copyright für den Namen gekümmert hat – stiegen wir aus, marschierten eine kaum belebte Vorstadtstraße entlang und gelangten so zum Beginn der Strada Napoleonica. Sie soll 1797 als Transportweg für die Truppen zwischen Venedig und Triest angelegt worden sein; fest steht aber nur, dass der Ingenieur Giacomo Vicentini sie 1821 verbreitert und teilweise auch zu einer Straße ausgebaut hat.

Heute führt der Weg – anfangs neben beliebten Kletterfelsen – annähernd niveaugleich oberhalb der Küste entlang …

… und bietet immer wieder schöne Ausblicke, hier auf Triest und seine Vororte. Auf dem Rilkeweg und von der Busstation in Prosecco aus waren wir übrigens auf einem Teil des Weitwanderwegs Alpe-Adria-Trail unterwegs.

Als wir dann am Endpunkt der Strada Napoloeonica, beim Obelisken, angelangt waren, fuhr uns der Bus nach Triest vor der Nase davon. Und die berühmte Triestiner Straßenbahn, die seit einem Unfall vor Jahren jeden Augenblick wiedereröffnet werden soll, es aber nicht wird, machte uns auch nicht die Freude, plötzlich wieder ihren alten Fahrplan einzuhalten. Da standen wir also … bis der Autor dieser Zeilen auf die glorreiche Idee kam, doch diese nette alte Straße runterzugehen, die auf diesem Hügel zu enden scheint. Scala Santa heißt sie. Und sie ist kopfsteingepflastert, gnadenlos steil und zieht sich auf ca. zwei Kilometer Länge in Kurven mehr als 300 Meter in die Stadt hinunter. In der prallen Sonne.

Früher, so heißt es, war sie die einzige Verbindung von Triest zum Karstdorf Opicina (und umgekehrt), die daher alle nehmen mussten. Heute sind dort – zumindest an Tagen wie diesen – nur mehr Narrische wie wir unterwegs, die ihre Knie beim Bergabgehen ordentlich belasten wollen.

Aber jetzt versteht man auch, warum an der Ortstafel von Triest die vielen Bänder mit „Berg heil“ befestigt sind …

Egal. Schön war’s trotzdem. Und als die Beine sich wieder halbwegs erholt hatten, ließen wir den Tag natürlich wieder, wie sich das gehört, auf der Mole ausklingen. (ph)


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