Ruinentouren

Es war höchste Zeit, zwei unserer Lieblingswanderungen wieder einmal zu begehen – und zu kontrollieren, ob die Wegbeschreibungen in unserem unverzichtbaren Buch Wandern im Wienerwald überhaupt noch mit der Realität übereinstimmen. Zu Ihrer Beruhigung: Das tun sie, bis auf ein paar kleine Einzelheiten. Sie können unseren Wanderführer also guten Gewissens weiterverwenden oder ihn sofort erwerben, sollte er sich noch nicht in Ihrem Besitz befinden.

Beginnen wir mit der Route Nr. 23 aus besagtem Buch: „Das ,Wegerl im Helenental‘“. Die ist zu jeder Jahreszeit schön, aber im Spätsommer bzw. Frühherbst besonders. Schon deswegen wollten wir sie einem guten Freund, den es aus Bayern nach Wien verschlagen hat, einmal zeigen. Schon am Beginn erwartet uns eine Neuerung, die zwar nichts an der beschriebenen Strecke ändert, aber eventuell die Orientierung erleichtert. Gleich bei der Busstation sehen wir nämlich einen gelben Wanderpfeil mit der Aufschrift „G’schichten aus dem Wienerwald. Der Wanderweg“ – das liest sich, als hätte der Lehrling aus einer Werbeagentur es sich ausgedacht. Gewöhnen Sie sich daran, weil uns diese Bezeichnung über weite Teile des Wegs begleiten wird.

Wir beginnen mit dem Aufstieg am Weilburg-Wappenstein vorbei zur Ruine Rauheneck, deren wie stets wunderbare Atmosphäre wir dank unseres schnellen Schrittes genießen können, bevor sich eine laute Volksschulklasse die Anhöhe hinaufgequält hat.

Diesmal klettern wir auch wieder die Holzstiege im finsteren Bergfried empor, um von oben die Aussicht zu genießen. Ein Tip für die Stadt Baden: Ein paar Lampen wären nicht schlecht, bevor sich noch wer derstesst und wehtut. Außerdem würde man dann vielleicht nicht mehr so blind in den Taubendreck am Stiegengeländer greifen …

Wir schauen uns noch die alte Burgkapelle und ein paar einladende Durchgänge an, …

… bevor wir die paar Minuten durch leider stark ausgeholzten Wald zur Königshöhle weitermarschieren. Dabei begegnet uns gleich dreimal derselbe Herr mit Hund, immer aus anderen Richtungen. Der muss unterirdische Schleichwege kennen, von denen wir keine Ahnung haben. Vielleicht kommt einer sogar unter der Wurzel dieses standhaften Baums bei der Königshöhle heraus:

Mit einem Umweg über die Jägerhauskreuzung spazieren wir wieder ins Tal der Schwechat hinunter, das wir bei der Antonsgrotte und der Cholerakapelle erreichen. Dort warnt gleich neben der Brücke ein Schild (unten links) davor, dass das berühmte Wegerl im Helenental durch Sturm und Hochwasser Schaden genommen hat und nur auf eigene Gefahr zu betreten ist. Wir man sieht, ist auch das Flussbett (unten rechts) ziemlich bedient.

Ungeachtet dessen wandern wir bis zum Wendepunkt dieser Tour bei der Augustinerhütte weiter, überqueren dann beim Seminarhotel Krainerhütte die Straße und steigen dann auf der anderen Talseite über den Römerweg zur Kleespitze auf. Als wir dort oben Richtung Helenentalsteig gehen, erblicken wir drei seltsame Gebilde aus Stein, Holz und Spielzeug am Wegesrand (siehe Bilder unten; durch Anklicken lassen sich die übrigens vergrößern). Heidnische Opferstätten? Spielplätze von Geisterkindern aus dem Berg? Wir wissen es nicht … aber irgendwer muss sich wohl hierherbemüht und diese etwas unheimlich wirkenden Altäre errichtet haben.

Wie der Weg genau weitergeht und Sie wieder nach Baden führt, das können Sie in unserem Buch nachlesen. Wir schenken Ihnen als letzte Motivation noch den untenstehenden schönen Ausblick auf die Burgruine Rauheneck von der anderen Seite. Wenn der Begriff „wildromantisch“ nicht so verboten abgegriffen wäre, dürften Sie ihn hier verwenden.

Eine Woche später.
Wieder ein Freitag. Es nieselt leicht. Das hindert uns nicht daran, diesmal die kurze, aber mit Sehenswürdigkeiten reich ausgestattete Wanderung Nr. 20 – „Der Ruinenbaumeister“ – aus unserem Buch, das man gar nicht oft genug erwähnen kann, zu absolvieren. Die beginnt und endet für Nichtautofahrer am Bahnhof von Mödling, der von Wien aus schnell und günstig zu erreichen ist.
Auch hier erwartet uns relativ bald nach Beginn eine Änderung: Das Lokal Mödlinger Kobenzl, das man nach Verlassen des Stadtgebiets über eine Reihe von Stufen erreicht, gibt es nicht mehr. (Auch nicht schade, die waren in Zeiten der Corona-Tyrannei ziemliche Quäler und wollten sogar Ausweise sehen – was wir natürlich verweigert haben.) Aber noch ist nicht alle Hoffnung verloren; dort wird gerade fleißig renoviert und umgebaut, und noch im September will der Nachfolger an diesem schönen Aussichtpunkt sein Restaurant eröffnen.
Ungeachtet dessen wandern wir Richtung Burg Liechtenstein, statten zwischendurch dem Amphitheater – einem der Ruinenbauwerke des Fürsten Johann Josef von Liechtenstein, die es hier so häufig zu finden gibt – einen Kurzbesuch ab und freuen uns dort über das ungewöhnliche Stilleben-Motiv „Vogelhaus mit Teddybär“.

Was es sonst noch zu berichten gibt? Nun ja – das Lokal im Schloss Liechtenstein trägt jetzt den schön-abstrusen Namen „habsgut Café und Tagesbar“; die Seegrotte in der Hinterbrühl hat nach langer Umbauzeit wieder geöffnet und kann besichtigt werden (hätten wir auch gemacht, wäre nicht auch hier eine lärmende Schulklasse vor dem Eingang herumgelungert); das Café davor nennt sich nunmehr „Tanjas Espresso Seegrotte“ UND: Der Beginn des steilen, wurzeligen Aufstiegs zur Ruine Burg Mödling (siehe unten) ist mittlerweile nicht mehr „unscheinbar gelb markiert“, wie es bei uns im Buch noch heißt, sondern deutlich durch einen der fast allgegenwärtigen gelben Wanderpfeile gekennzeichnet.

Der gute Freund aus dem Nachbarland kennt sich trotzdem aus und kann – wie Sie auf dem Bild unten sehen – das besagte Wanderbuch nur empfehlen.

Das tun wir ebenfalls, verabschieden uns auch von dieser Wanderroute mit einem Gipfelkreuzbild …

… und berichten demnächst in diesem Theater weiter von unseren herbstlichen Ausflügen in den Wienerwald. (ph)

(Photos: © A. Winterer)


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