Was tut man am letzten Tag eines Stadtbesuchs, wenn man nicht von Abschiedsschmerz und Melancholie ergriffen werden will? Richtig: Man besucht schnell eine andere Stadt, die man auch einmal liebgewonnen hat – in diesem Fall Florenz. Also machen wir uns am frühen Vormittag auf den Weg zum Bahnhof und warten dann tief im Untergrund von Bologna Centrale auf den Superschnellzug nach Firenze (nachdem wir das Hindernis des Kartenkaufs mit Hilfe eines Privatanbieters in der überlaufenen Bahnhofshalle überwunden haben). Der Zug ist wirklich schnell, aber von der (vermutlich) schönen Landschaft zwischen Bologna und Florenz sehen wir leider nichts, weil wir hauptsächlich im High-Speed-Tunnel unterwegs sind. Als wir am Ziel eintreffen, ist der Himmel blau und alles sieht harmlos aus …


… bis wir uns in die Straßen und Gassen vorwagen und feststellen müssen, dass Florenz mittlerweile noch mehr von Touristen überlaufen ist als in den Jahren zuvor – und da war schon viel los. Durch die Märkte für Ledertaschen und ähnliche Standardware (in jedem Standl verkaufen sie dasselbe) wälzen sich die Massen und suchen vergebens nach Originalität, aber die haben die Massen ja auch in ihrem Leben nicht, also macht es keinen Unterschied für sie. In den Dom und das Baptisterium braucht man gar nicht hineinzukommen versuchen, so lang sind die Menschenschlangen; wahrscheinlich ist mittlerweile hier wie fast allüberall einer der verhassten „Time-Slots“ vonnöten. Da wir aber keine Time-Sluts sind und sowieso was anderes vorhaben, drängen wir uns weiter durch die Menge.


So kommen wir zur Piazza della Signoria und lassen uns einen Platz im Schanigarten des (einst) edlen Traditionscafés Rivoire zuteilen. Das Kaffeehaus ist leider auch nicht mehr das, was es einmal war – was sowohl an den Gästen als auch am Personal liegt; aber ehrlich: Wozu soll man sich bei dem Mob auch noch bemühen? –, aber die heiße Schokolade ist nach wie vor ein Gedicht, das man bei einem Florenzbesuch unbedingt genießen muss. Dafür nimmt man auch die Horden in Kauf.

Nach dem Genuss dieser Delikatesse gehen wir die paar Schritte zur Loggia dei Lanzi hinüber, um dort die Statuen zu bewundern.


Dann nähern wir uns unserem eigentlichen Tagesziel, der wunderschönen Basilica di Santa Croce – meiner Ansicht nach der schönsten Kirche von Florenz, wo der Kartenkauf wundersamerweise binnen drei Minuten erledigt ist und wir uns im Inneren des Gebäudes frei bewegen können, ohne dauernd von Pauschalreisenden insultiert zu werden. Santa Croce ist, wie meine Mutter immer sagt, „wie Musik“, und das spürt man schon, wenn man dieses herrliche Gotteshaus betritt.

Wir betrachten die Grabmäler, für die diese Kirche berühmt ist, unter anderem das von Galileo Galilei und Dante Alighieri (siehe unten). Dante wirkt schlecht gelaunt, aber so fühlt man sich halt eventuell, wenn man tot ist.


Da es neben den Gedenkstätten für prominente Verstorbene (auch Michelangelo, Machiavelli und Rossini werden hier geehrt) in der Basilica noch unglaublich viele Kunstwerke zu betrachten gibt, kann man sich hier locker zwei Stunden aufhalten, was wir auch tun. Und selbst dann haben wir längst nicht alles gesehen; nächstes Mal muss es wohl eine Führung sein.


Und: Engel und andere leidende Wesen findet man hier in großer Zahl (an den Wänden, nicht im Saal).


Draußen vor Santa Croce erwartet uns wieder Dante Alighieri. Und siehe da – er war auch zu Lebzeiten schlecht aufgelegt. Zumindest dann, wenn der Bildhauer zu Besuch kam.

Nachdem wir uns eine Weile in Souvenirgeschäften herumgetrieben haben, geht es weiter zur Ponte Vecchio, weil: Die muss sein, wenn man in Florenz ist. Auch wenn zwischen den vielen Juwelieren auf der Brücke ein Gedränge herrscht, dass man froh ist, wenn man auf der anderen Seite ankommt. Oberhalb der Brücke und rechts davon sieht man den Vasarikorridor, durch den die besseren Herrschaften einst diskret vom Palazzo Pitti zum Palazzo Vecchio spazieren konnten. Heute ist er im Rahmen von Führungen auch für Touristen zugänglich, aber das heben wir uns lieber auch fürs nächste Mal auf.

Ein Besuch im hervorragenden Museo Galilei offenbart uns, dass wir uns die Exponate aus der Wissenschaftsgeschichte zwar gern anschauen, aber vieles davon einfach nicht verstehen. Wahrscheinlich müsste man hier in aller Ruhe zwei Tage verbringen und die Kataloge sowie Museumstexte ausführlich studieren – oder über einen naturwissenschaftlich geschulten Geist verfügen (was wir ja leider nicht tun). Interessant ist es trotzdem.

Über den Rest des Florenz-Tagesausflugs breiten wir lieber den Mantel des Schweigens. Was soll man über Pizzaschnitten, lieblose Aperolspritzer und die endlose Warterei am Bahnhof schon groß erzählen? Kurz und gut: Wir sind froh, dass wir abends wieder in Bologna sein dürfen – und in unserer Lieblings-Trattoria noch einen Tisch kriegen, für ein großartiges Abschluss-Abendessen samt Rotwein.
Am nächsten Tag schaffen wir’s in aller Frühe wirklich noch zu unserem „traditionellen“ Frühstück im Eataly, pilgern dann wieder (diesmal mit Gepäck) zum Bahnhof, nehmen die Einschienenbahn zum Flughafen und treten die Rückreise an – wobei wir aus dem Fenster der Maschine sogar einen Blick auf Venedig werfen können. Da sollte man auch wieder einmal hin …

Jedenfalls: In Wien braucht man dann nur auf die blöde Idee zu kommen, vom Flughafen mit der Schnellbahn (die ÖBB ist im Herbst 2024 nach den Unwettern und Überschwemmungen noch überlasteter und unfähiger als sonst), eingequetscht zwischen Idioten ohne Zahl, in die Stadt hineinzufahren. Ich sage nur: NIE WIEDER! Und sofort sehnen wir uns nach Bologna – und sogar nach Florenz. Schlimmer als auf der Bahnstrecke zwischen Schwechat und Wien kann es nur in den Slums von Kalkutta sein (was wir aber nicht wissen, sondern nur vermuten können und mit ziemlicher Sicherheit auch nie verifizieren werden wollen). (ph)